1.5.3.6 Dekontamination
Die Dekontamination (Dekon) durch die Feuerwehr ist die Grobreinigung von Einsatzkräften einschließlich ihrer persönlichen Schutzausrüstung, von anderen Personen sowie von Fahr- zeugen und Geräten. Im Allgemeinen versteht man darunter die Reduzierung der Kontamina- tion der Oberflächen von Lebewesen, Boden, Gewässern oder Gegenständen.
Bei Dekontaminationsmaßnahmen ist darauf zu achten, dass es zu keiner Kontaminationsver- schleppung kommt.
Die Festlegung zur notwendigen fachgerechten Dekontamination nach Übergabe der Einsatz- stelle an die zuständige Fachbehörde ist eine der Aufgaben der zuständigen Fachbehörde nach Abschluss der Gefahrenabwehr.
Alle Einsatzkräfte werden vor Betreten des Gefahrenbereichs registriert.
Stufenkonzept
Das nachfolgende Stufenkonzept gilt für die Personendekontamination. Dies umfasst sowohl die Dekontamination von Einsatzkräften als auch von betroffenen Personen. Eine Übersicht enthält auch die Dekon-Matrix in der Anlage 3.
Dekon-Stufe I: Sofort-Dekontamination (Sofort-Dekon)
Zeitgleich mit dem Einsatz des ersten Trupps im Gefahrenbereich ist die Sofort-De- kon an der Grenze zum Gefahrenbereich sicherzustellen! Notwendig z. B. bei Be- schädigung der persönlichen Schutzausrüstung, bei Kontamination der Haut, bei Atemluftmangel oder bei Verletzungen, die sofort behandelt werden müssen.
Die Sofort-Dekon ist nicht an einen Dekon-Platz gebunden. Orte, an denen eine Sofort- Dekon durchgeführt wurde, gelten als kontaminiert und sind entsprechend abzusper- ren.
Ziel: Kontaminierte Personen schnellstmöglich so zu dekontaminieren, dass lebensret- tende Sofortmaßnahmen ohne Eigen- oder Fremdgefährdung durchgeführt werden können.
Dekon-Stufe II: Standard-Dekontamination an einem Dekon-Platz,
ist bei jedem ABC-Einsatz unter persönlicher Schutzausrüstung sicherzustellen.
Der Standard-Dekon-Platz muss grundsätzlich spätestens 15 Minuten nach dem ersten Anlegen einer persönlichen Schutzausrüstung, z. B. Anschluss des Isoliergerätes, und außerhalb des Gefahrenbereiches betriebsbereit sein!
Zur Menschenrettung kann der Einsatzleiter Ausnahmen zulassen.
Ziel: Durchführung der Dekontamination von Einsatzkräften, anderen Personen und lie- genden Verletzen bei ABC-Einsätzen unter Standardbedingungen. Kontaminierte Ein- satzmittel sind dabei so weit wie möglich zu sammeln und zu verpacken.
Abb. 11: Schematische Darstellung von Gefahren- und Absperrbereich sowie Lage des Dekon-Platzes (Stufe II)
Dekon-Stufe III: Erweiterte Dekontamination im ABC-Einsatz
Die Erweiterung der Standard-Dekon um weitere Elemente hat lagebezogen zu erfol- gen. Eine zeitliche Vorgabe besteht dahingehend, dass mit Vorliegen entsprechender Erkundungsergebnisse eine Alarmierung unverzüglich zu erfolgen hat.
Ziel: Erweiterung des Standard-Dekon-Platzes (Dekon-Stufe II) durch zusätzliche Ausrüs- tung oder Verfahren bei:
- einer hohen Anzahl von zu dekontaminierenden Personen,
- mehreren liegend verletzten Personen,
- Bedarf an speziellen Maßnahmen bei bestimmten ABC-Gefahrstoffen,
- Schutz vor Witterungseinflüssen,
- Notwendigkeit des hygienischen Duschens der Einsatzkräfte mit Warmwasser nach dem Einsatz im Gefahrenbereich,
- Notwendigkeit des Einsatzes von Sanitäts- und Fachkräften (V-Dekon) oder
- Auffangen großer Abwassermengen im Dekon-Bereich.
Abb. 12: Schematische Darstellung des Übergangsbereiches (Dekon-Stufe III)
Dekontaminationsplatz (Dekon-Platz)
Ein Dekon-Platz ist bei jedem ABC-Einsatz der Gefahrengruppen II und III einzurichten und abzugrenzen.
Seine Lage wird durch den für die Dekontamination zuständigen Einheitsführer in Absprache mit der Einsatzleitung festgelegt. Er sollte an der windzugewandten Seite außerhalb des Ge- fahrenbereichs liegen. Außerdem ist auf die gute Erreichbarkeit und auf die Ver- und Entsor- gungsmöglichkeiten (Strom, Wasser, Abwasser) zu achten.
Betriebliche vorhandene Dekontaminations- und Desinfektionseinrichtungen können in Ab- sprache mit dem Betreiber genutzt werden. Die Zuwegung zu einem nicht unmittelbar an den Gefahrenbereich angrenzenden Dekon-Platz ist deutlich zu kennzeichnen.
Abb. 13: Schematische Darstellung des Dekon-Platzes alternativ Schwarz-/Weißbereich oder Rot-/Gelb-/Grünbe- reich
Der Dekon-Platz ist in einen „Schwarzbereich“ bzw. „Rot-/Gelbbereich“ (unreine Seite) und einen „Weißbereich“ bzw. „Grünbereich“ (reine Seite) zu unterteilen. Grenzen, Zugangswege und Trennlinien sind deutlich zu markieren. Am Dekon-Platz werden die aus dem Einsatz im Gefahrenbereich kommenden Einsatzkräfte und eingesetzten Geräte, andere Personen und liegend Verletzte auf Kontamination überprüft und je nach Lage dekontaminiert und die konta- minierte Schutzkleidung abgelegt. Erst dann dürfen sie den Schwarzbereich bzw. Rot-/Gelb- bereich verlassen.
Dekontamination von Personen
Bei der Dekontamination von Personen ist zu unterscheiden, ob es sich dabei um
oder
Dekontamination Personal (Dekon P)
• Einsatzkräfte mit geeigneter und unbeschädigter PSA im Gefahrenbereich und
• Kontamination nur auf der PSA und
• Inkorporation ausgeschlossen
Dekontamination Verletzte (Dekon V)
• sonstige gehfähige/nicht gehfähige Personen oder Einsatzkräfte mit beschädig- ter oder nicht geeigneter PSA im Gefahrenbereich und
• Kontamination der Haut möglich oder
• Inkorporation kann nicht ausgeschlossen werden
handelt.
Kontaminierte Personen sind, soweit möglich und medizinisch erforderlich, noch vor Ort zu dekontaminieren oder zu desinfizieren. Bereits mit dem Ablegen/Entfernen der Oberbeklei- dung wird in der Regel ein hoher Dekontaminationsgrad erreicht. Weitere Maßnahmen sind von der zuständigen Fachbehörde zu veranlassen.
Bei Einsätzen mit radioaktiven Gefahrstoffen ist eine Kontaminationskontrolle durchzuführen. Wird die dreifache Nullrate überschritten, gilt die Person als kontaminiert. Die Kontaminations- freiheit einer zuvor als hautkontaminiert festgestellten Person muss durch die zuständige Be- hörde bestätigt werden.
Gelangen ABC-Gefahrstoffe auf die Haut, so sind sie möglichst umgehend zu entfernen. Hier- bei ist vor allem darauf zu achten, dass die Kontamination nicht weiter auf der Haut verteilt wird, z. B. nicht abreiben, sondern abspülen. Die abschließende Behandlung einer Kontami- nation bleibt der fachlich zuständigen Behörde oder medizinischem Personal vorbehalten.
Besteht der Verdacht auf Exposition, Kontamination oder Inkorporation, so ist die Person auf jeden Fall einem geeigneten Arzt vorzustellen. Insbesondere bei kanzerogenen Stoffen sollte ein Bio-Monitoring durchgeführt werden. Dabei ist möglichst auf die Art, Ort und Dauer der Einwirkung sowie auf den ABC-Gefahrstoff hinzuweisen.
Diese Personen sind zu registrieren.
Kontaminierte Verletzte sind - soweit medizinisch vertretbar - unter Verantwortung und Anlei- tung durch den Rettungsdienst (Notarzt) zu dekontaminieren. Dabei ist darauf zu achten, dass keine Schadstoffe z. B. durch Mund, Nase, Ohren oder offene Wunden inkorporiert werden. Gegebenenfalls sind diese vorher abzudecken.
Bei einigen ABC-Gefahrstoffen, die bei Kontaminationsverschleppung eine erhebliche Scha- denausweitung hervorrufen würden, z. B. BC-Kampfstoffe, ist eine Dekontamination/Desinfek- tion an der Einsatzstelle erforderlich.
Der Rettungsdienst ist über eine Kontamination oder einen Kontaminationsverdacht zu infor- mieren. Dabei ist nach Möglichkeit anzugeben:
- Art der Kontamination, vermuteter Stoff, Stoffeigenschaften und kontaminierte Fläche,
- Grad der Kontamination,
- ungefähre Dauer der Einwirkung und
- bisherige Gegen- oder Dekon-Maßnahmen und deren Erfolg.
Bei der Einlieferung solcher Verletzter ins Krankenhaus ist dafür zu sorgen, dass der Rettungs- dienst, z. B. die RTW-Besatzung, diese Informationen weitergibt. Nach Möglichkeit ist das Krankenhaus vorab über die bevorstehende Aufnahme eines kontaminierten Patienten und die Art des ABC-Gefahrstoffs zu informieren.
Dekontamination von Geräten und Fahrzeugen (Dekon G)
Soweit möglich, ist an der Einsatzstelle eine Dekontamination kontaminierter Geräte und Fahrzeuge durchzuführen.
Außerdem wird durch eine frühzeitige Dekontamination eine mögliche (weitere) Reaktion des Materials mit dem ABC-Gefahrstoff verhindert.
Einsatzmittel
Kontaminiertes Gerät muss vor Ort in geeigneter Weise verpackt (z. B. Foliensack) und ge- kennzeichnet werden (z. B. Anhänger/Aufkleber mit Einsatzort, -datum, Inhalt, Art der Konta- mination) und verbleibt im Schwarz(Rot-)bereich des Dekon-Platzes, soweit dort von den kon- taminierten Geräten keine messbare Strahlung oder Freisetzung von Gasen, Dämpfen oder Stäuben ausgeht.
Je nach ABC-Gefahrstoff und Nutzung des Einsatzmittels muss eine fachgerechte Reinigung oder gegebenenfalls eine Entsorgung durch ein hierfür zertifiziertes Unternehmen erfolgen.
Bei Großschadenereignissen und Katastrophen muss lageabhängig entschieden werden, ob und wie grob gereinigte Geräte erneut eingesetzt werden können.
Besteht die Notwendigkeit, Schutzkleidung erneut einzusetzen, ist eine Dekontamination durchzuführen. Dabei ist in jedem Fall eine Kontaminationsverschleppung in das Anzuginnere zu verhindern.
Fremde Geräte
Soweit technisch möglich und sachlich nötig, werden ABC-Gefahrstoffe und kontaminierte Ge- genstände zur unmittelbaren Gefahrenabwehr und zum Schutz der Umwelt von der Feuerwehr gesichert. Diese verbleiben in Absprache mit der zuständigen Behörde möglichst vor Ort im Gefahrenbereich.
*Quelle NLBK Niedersachsen